Wenn Haare Hoffnung schenken: Aldona Slodczyk gibt Frauen ihr Lächeln wieder zurück
Text und Fotos Julian Schäpertöns
19.09.2025 Schermbeck. Haare sind mehr als bloße Keratinfasern. Sie sind Ausdruck von Persönlichkeit, Selbstbewusstsein und Weiblichkeit. Für viele Frauen sind sie ein Stück Identität. Doch wenn sie ausfallen, weil eine Krankheit den Körper verändert, fällt oft auch ein Stück Selbstvertrauen.
Aldona Slodczyk kennt diese Momente. Sie hat sie schon unzählige Male miterlebt: Tränen in den Augen, zittrige Hände, der Blick in den Spiegel. Und sie kennt auch den anderen Moment – den, in dem die Frauen zum ersten Mal ihre neue Perücke tragen, das Spiegelbild plötzlich wieder vertraut wirkt, das erste zögerliche Lächeln über das Gesicht huscht.
Die 45-jährige Friseurmeisterin und Zweithaarspezialistin ist nicht nur Expertin für Haare, sie ist auch eine der wenigen in Deutschland, die das alte Handwerk der Perückenmacherin erlernt hat. Vor 22 Jahren eröffnete sie ihren Salon „Kopfsache“ in Dorsten-Wulfen, später folgte ein zweiter Standort in Schermbeck auf der Mittelstraße. „Wir haben uns schon immer auf Haarverlängerungen und Extensions spezialisiert“, erzählt sie. Doch irgendwann war ihr die Qualität auf dem Markt nicht mehr gut genug. Sie entwickelte ihre eigene Extensions-Marke – und entdeckte darüber ein Thema, das in der Branche lange als verstaubt galt: Perücken.
„Die meisten denken bei Perücken sofort an Karneval“, sagt Aldona Slodczyk. „Aber ich wollte schöne, moderne Perücken.“ Sie begann zu recherchieren, sprach mit Herstellern, und vor zwei Jahren holte sie einen Ausbilder aus Marbella, um gemeinsam mit zwei Kolleginnen das Handwerk von Grund auf zu lernen.
Eine handgeknüpfte Perücke erfordert bis zu 160 Stunden Arbeit, erklärt Aldona Slodczyk. In Deutschland wäre das unbezahlbar deshalb lässt sie heute im Ausland produzieren, achtet aber auf Qualität und kümmert sich persönlich um die Weiterverarbeitung und Anpassung. Von der ersten Beratung über die Anpassungen bis hin zu Reparaturen kümmert sich Aldona um alles, damit sich die Kundinnen rundum wohl fühlen können.
Ihre Haare bezieht sie aus Spenden – mindestens 28 Zentimeter lang müssen die gespendeten Strähnen sein – oder über internationale Haarmanager. „Mir ist wichtig, dass die Haarstruktur zu der jeweiligen Kundin passt. Es soll so aussehen, als wären es ihre eigenen Haare“, sagt sie.
Damit die Frauen sich wohlfühlen, hat Aldona Slodczyk in ihrem Salon einen eigenen, diskreten Raum eingerichtet. Dort findet die Beratung statt, dort wird die Perücke angepasst. „Für die meisten ist es ein sehr emotionales Erlebnis“, erzählt sie.
Die Krankenkassen übernehmen je nach Krankheitsbild einen Teil der Kosten allerdings nur bei Frauen. Wenn ein Mann eine Perücke braucht und Hilfe sucht, ist Aldona Slodczyk selbstverständlich auch für ihn da.
Für sie steht fest: Es geht um mehr als nur einen Ersatz für verlorene Haare. Es geht um Würde, um Identität, um Selbstvertrauen. „Haare sind ein großer Teil dessen, wie wir uns sehen“, sagt sie. Für sie ist es eine Herzenssache, Frauen ein Stück davon zurückzugeben.