Schermbecker wehren sich gegen Gewerbe- und Industriegebiet

28.3.2019 Schermbeck (pd). . Mit Bestürzung und Empörung hat der Großteil der Landwirte und Anwohner in Schermbeck-Rüste auf das Ansinnen der Verwaltung Schermbeck reagiert, dort entgegen der Leitlinien der Regionalplanung einen großen Gewerbe- und Industriepark anzustreben.

Bereits Anfang März hat die Bürgerinitiative „Rüster gegen Gewerbegebiet“ knapp 100 Unterschriften von direkt betroffenen Anliegern sowie ein ausführliches Schreiben beim Regionalverband Ruhr (RVR) eingereicht – fristgerecht während der Einspruchsphase, um bei einer möglichen Überarbeitung des Regionalplans Gehör zu finden.

 

Bereits vor einigen Jahren haben die beiden Kommunen Schermbeck und Dorsten eine gemeinsame Gewerbe- und Industriefläche (GIB) im Außenbereich „Rüster Feld“ geplant – und sind damit gescheitert. Der RVR begründete die Ablehnung damit, dass mit der Planung wichtige Grundsätze der Regionalplanung wie der Erhalt von landwirtschaftlich genutztem Raum im Außenbereich verletzt seien. Im Entwurf für den neuen Regionalplan Ruhr taucht die Fläche entsprechend nicht auf. Stattdessen hat der RVR eine Brachfläche im „Emmelkämper Brauk“ an der A 31 (Autobahnausfahrt Holsterhausen) als mögliche GIB-Kooperationsfläche ausgewiesen.

In Dorsten hat die Verwaltung bereits gegenüber den Anwohnern in Dorsten-Holsterhausen signalisiert, auf unbestimmte Zeit keinen Bedarf an der Nutzung dieser Fläche zu haben. Gleichwohl haben sowohl Dorsten als auch Schermbeck Einspruch gegen die Regionalplanung eingelegt und erneut mit dem Standort „Rüster Feld“ eine vergleichsweise weitaus größere Fläche für Gewerbe und Industrie in Spiel gebracht. Bis zu 70 Hektar Land würden die beiden Rathäuser laut den Entwürfen hier am liebsten überplanen, rund 55 Hektar lägen auf Schermbecker Gebiet.

Nachhaltige Landwirtschaft erhalten
„Es ist unverständlich, mit welcher Vehemenz die beiden Kommunen die Ziele und Grundsätzen der Regionalplanung weiterhin ignorieren“, erklärt Thomas Bolte von der Bürgerinitiative „Rüster gegen Gewerbegebiet“. „Sinn der übergeordneten Regionalplanung ist es doch gerade, der zunehmenden Zerschneidung der Landschaft Einhalt zu gebieten, den Wildwuchs kommunaler Planung einzudämmen und eine nachhaltige Entwicklung mit Blick auf das langfristig Gebotene zu ermöglichen.“

In einem ausführlichen Schreiben hat die Bürgerinitiative die Ziele und Grundsätze des Regionalplans noch einmal in Erinnerung gerufen. Tenor: Der zur regionalen Nahrungsmittelproduktion genutzte Raum im Außenbereich „Rüster Feld“ sei unbedingt zu verteidigen, die „grüne Lunge“ zwischen Schermbeck und Dorsten langfristig zu erhalten. Zum nachhaltigen Betrieb der dortigen Biogasanlage seien Ackerflächen in direkter Nähe notwendig, um Transportwege für Substrate gering zu halten und Gärreste als Dünger ausbringen zu können. „Während der Planungsphase der Biogasanlage ist den Anwohnern das ganze Konzept gerade wegen der umliegenden Landwirtschaftsflächen und der regionalen Wertschöpfungskette als besonders sinnvoll verkauft worden. Jetzt gelten die Argumente von damals auf einmal nicht mehr und die Ackerflächen für den Maisanbau sowie die Verwertung der Gärreste sollen wegfallen?“, fragt die Bürgerinitiative in dem Schreiben an den RVR sowie zahlreiche Politiker.

Traditionsreiche Betriebe bedroht
Die gesamte Vorgehensweise lasse jedes Fingerspitzengefühl vermissen. „In Schermbeck-Rüste befinden sich Höfe, die seit rund 500 Jahren bestehen. Und dann sehen die Landwirte in der Presse eine Landkarte, auf der die Kommune mal eben ihre genutzten Flächen für ein Gewerbe- und Industriegebiet überplant. Gesprochen hat aber bislang niemand mit den betroffenen Landwirten“, kreidet die Initiative an. „Das geht so nicht und macht hier alle Rüster wütend.“ Rund drei Viertel der betroffenen Grundstückseigner würden ihre Flächen keinesfalls freiwillig hergeben, wie die Bürgerinitiative in gemeinsamen Treffen in Erfahrung gebracht hat.

Trotz der Bestrebungen der Verwaltungen in Dorsten und Schermbeck glauben die Rüster Anwohner nicht daran, dass es überhaupt zu einer konkreten Planung der Gewerbe- und Industriefläche kommt. „Dann könnte der RVR gleich die gesamten Grundsätze und Ziele seiner Regionalplanung in die Tonne werfen“, erläutert Thomas Bolte, Sprecher der BI. Damit sei aber nicht zu rechnen. Aktuell habe der RVR die Stadt Dorsten bereits wegen deren unbedarfter Windkraftplanung in die Schranken verwiesen. „Wir unterstellen dem RVR konsequentes Denken und Handeln. Die katholische Kirche sagt doch auch nicht zu den Christen: Es ist in Ordnung, wenn Ihr nicht alle zehn Gebote beachtet. Schaut einfach, welche Euch in den Kram passen.“